Gespräche der Bürgerinitiative gegen Ortsumgehungen der B8 auf dem Frühlingsmarkt

Weyerbusch. „Noch lange nicht genug geschwätzt!“ – Ein treffendes Motto für den durchgängig gut besuchten Stand der Bürgerinitiative (BI) auf dem Frühlingsmarkt der Leistungsgemeinschaft Raiffeisenland e.V. rund um den Gasthof zur Post in Weyerbusch. Zwischen Biowurst und Sportverein ist es offenbar leichter als bei anderen Gelegenheiten, auch mit Befürwortern von Ortsumgehungen (OU) ins Gespräch zu kommen, nicht zuletzt durch das reiche Informations- und Anschauungsmaterial, das die BI auf die Beine gestellt hat (s. u. Kasten). Katja Fuchs-Oerter und Mari-Linn Oerter, zwei Kinderschmink-Künstlerinnen aus Helmenzen, locken zudem auch viele junge Eltern mit ihren Kindern an den BI-Stand.

Zwar überwiegt die Zahl der Gegner von OU bei Weitem und die Unterschriften gegen OU mehren sich so schnell, dass sogar noch weitere Listen geholt werden müssen, aber die Gespräche über Belastungen des Lebens an der verkehrsgeplagten B8 haben ihr eigenes, besonderes Gewicht.

„Wo sind denn die anderen Listen?“, fragt einer der Besucher mit breitem Lächeln. „Wir haben nur diese. Welche meinen Sie denn?“ – „Ich meine die für Ortsumgehungen. Ich bin nämlich dafür.“ – „Wunderbar. Sie gehören zu den Menschen, mit denen wir ganz besonders gerne ins Gespräch kommen möchten“, strahlt Marein Osten-Sacken, die mit weiteren Aktiven der BI vor Ort ist, um über die Folgen von Ortsumgehungen zwischen Kircheib und Helmenzen zu informieren und mit den Menschen zu reden, „Sie wissen schließlich am besten, worunter Sie leiden und wie das Leben an der B8 besser und lebenswerter werden kann. Ohne Sie – die Kritiker – erfahren wir doch vieles gar nicht.“


Zwar wollen einige wenige auf gar keinen Fall über OU reden. Einer zieht ärgerlich weiter: „Nee, nee, mit mir nicht, da gibt es gar nichts zu reden, die B8 muss weg.“ Ein anderer schimpft sogar mit wütendem Fingerzeig auf Rädchen fahrende Kinder: „Da sind sie doch, die Führerscheininhaber der Zukunft! Die sind nachher alle auf den Straßen. Die machen die Staus!“   Unklarheit besteht auch über die Folgen von OU für die Geschäfte und Betriebe an der B8. Anders als einer Umfrage der BI zufolge, wonach über 85 Prozent der Geschäftsleute negative oder katastrophale Auswirkungen befürchten, meinen manche, dass Umfahrungen keine nennenswerten Auswirkungen auf die Innerortslagen haben würden. Dagegen spricht aber die entschiedene Unterstützung von zehn Gewerbetreibenden als Sponsoren der Einkaufstaschen, die die BI anbietet (s.u. Kasten)            

In den Gesprächen stellt sich interessanterweise heraus, dass die Meinungen von Gegnern und Befürwortern gar nicht weit auseinander liegen, ja in Vielem sogar deckungsgleich sind: Der Lärm! Die Abgase! Die Verkehrsgefahren! – Gäbe es aber kluge, weiträumige Verkehrsleitsysteme für den Schwerlastverkehr bzw. ausreichend Schienen; Tempolimits, Flüsterasphalt und leise, emissionsarme oder -freie PKW; gäbe es ausreichende und sichere Fußgängerquerungen, dann könnte das Leben an der B8 mit ihren Geschäften, Kontakt- und Einkehrmöglichkeiten bei fußläufiger Erreichbarkeit von Freunden, Läden, Ärzten und Versorgungseinrichtungen attraktiv oder sogar richtig gut sein.
           

„Ja dann!“, sagt eine Besucherin des BI-Standes. „Aber da müsste die Politik ja mitziehen.“


Info-Materialien der BI, klimaneutral bzw. auf Recyclingpapier gedruckt bzw. regional hergestellt: 

  • Broschüre: Die Bürgerinitiative gegen Ortsumgehungen der B8 in Rheinland-Pfalz stellt sich vor. DinA 5, farbig, 16 S., kostenlos 
  • Postkarten mit Biss: 10er-Sortiment in Butterbrottüte 10.-€ (auch einzeln) 
  • Nesseltaschen aus regionaler Produktion mit farbigem Aufdruck („Ein schlauer Fuchs will keine Ortsumgehungen“ oder „Sei kein Frosch, mach mit bei der Verkehrswende“), 5.-€ pro Tasche 

Versandkostenfrei bestellen: 
BIgegenOrtsumgehungenB8@linkomm.de oder 0157-87266875 


Bürgerinitiative gegen B8-Ortsumgehungen macht weiter 

Helmenzen. Seit über zwei Jahren wächst entlang der B 8 der Widerstand gegen die Absichten des Bundesverkehrsministeriums, nach dem veralteten Bundesverkehrswegeplan von 2016 in Kircheib, Hasselbach und Weyerbusch sowie in Helmenzen Ortsumgehungen zu bauen. Gegen dieses Vorhaben votierten bereits in der Vergangenheit die betroffenen Ortsgemeinderäte sowie eine große Mehrheit der Gewerbetreibenden entlang der Strecke. 

Die Kritik wird durch die Bürgerinitiative gegen Ortsumgehungen an der B8 (BI, nob8ou.de) bestärkt, gebündelt und organisiert. Sie richtet sich entschieden gegen Flächenfraß, Versiegelung, Zerstörung landwirtschaftlicher Flächen und geschützter Naturbereiche in Flora und Fauna, Gefährdung des Grundwassers sowie gegen die Ignoranz des Verkehrsministeriums gegenüber dem Pariser Klimaschutzvertrag von 2015 und den Erfordernissen einer erfolgreichen Verkehrswende. 

Hierzu arbeitet die BI mit den regionalen Politikerinnen und Politikern ebenso wie mit den Umweltschutzverbänden BUND, Nabu und NI zusammen. Innerhalb der BI gibt es Fachgruppen zu den Themen Politik, Verkehr und Ökologie sowie lokale Arbeitsgruppen in Kircheib, Hasselbach, Werkhausen, Weyerbusch, Marenbach und Helmenzen. Weitere Mitstreiterinnen und Mitstreiter sind willkommen, die Kontaktmöglichkeiten stehen auf der Homepage. 

 Nun trafen sich die Aktiven der BI und stimmten ihre Pläne für 2023 ab, so dass die Anliegen in der Region gemeinsam mit den betroffenen Menschen in den Orten weiter ausgearbeitet, reflektiert und differenziert werden können. 

Termine mit den politischen Entscheidungsträgern, regionale und überregionale Aktionen, Vorträge, Diskussionen, Begehungen, eine Filmvorführung sowie die Weiterentwicklung des Social-Media-Auftrittes der BI bei Instagram stehen auf dem Programm. Die Öffentlichkeit wird dazu jeweils rechtzeitig durch die Presse und auf der Homepage der BI informiert. 

Tabea Rößner MdB (Bündnis 90/Grüne) zu Gast in Werkhausen 

 Werkhausen. Auf Einladung der Landwirte Ines und Mario Orfgen besuchte die Bundestagsabgeordnete Tabea Rößner deren Hof in Werkhausen. Mit eingeladen hatte der grüne Kreisverband der Bündnis 90/ Grünen Altenkirchen. Der Einladung auf den Hof waren Landwirte aus der Region und andere Interessierte gefolgt. Die Digitalisierung in der Landwirtschaft war für die Vorsitzenden des Ausschusses für Digitales im Bundestag ein wichtiges Gesprächsthema. Bei schönem Herbstwetter, Kaffee und selbstgebackenen Kuchen wurde auch über die Netzabdeckung mit 5G in Werkhausen und die geplanten Ortsumgehungen der B8 gesprochen. Durch eine mögliche Nordumgehung um Weyerbusch ist auch der Hof der Familie Orfgen in seiner Existenz bedroht. 

Personen im Bild Mario Orfgen (Landwirt), Ulli Gondorf (Grüne), Dr. Gunnar Lindner (BI gegen Ortsumgehungen B8), Tabea Rößner MdB (Grüne), Anna Neuhof (Grüne), Dr. Rudolf Beyer (Grüne), Gaby Tysgie (Grüne), Jens Drogi (Ortsgemeinderat Werkhausen), Karl-Eberhard Hain

Der Landwirt und Elektroingenieur Mario Orfgen führte die Besuchergruppe zunächst in den Stall und zeigte dort die Möglichkeiten und Chancen der Digitalisierung in der Landwirtschaft auf. Da jedes Tier mit einem Transponder ausgestattet ist, werden ständig Daten über das Befinden und Verhalten via WLAN übermittelt. Wenn es einem Tier nicht gut geht, wird dies sofort bemerkt, und geeignete Maßnahmen können eigeleitet werden. Der Transponder ermöglicht auch den eigenständigen Besuch des Melkroboters. Die Kühe werden nicht mehr zu vorbestimmten Zeiten gemolken, sondern sie können die Zeit nach den eigenen Bedürfnissen steuern. Herr Orfgen machte anschaulich klar, wie die Digitalisierung im Stall immer mehr Tierwohl ermöglicht.

Personen im Bild Tabea Rößner MdB (Grüne), Mario Orfgen (Landwirt), Dr. Rudolf Beyer (Grüne)

Da der Hof der Familie Orfgen sowie der gesamte Ortskern von Werkhausen in einem Funkloch liegen, führte das Thema Digitalisierung in der Landwirtschaft unweigerlich weiter zu einem Austausch über Mobilfunklöcher und einen gewünschten 5G-Funksendemast in Werkhausen. Jens Drogi berichtete von den Bemühungen der Ortsgemeinde um eine bessere Netzabdeckung. Der eingeschlagene Weg über die erfolgreiche Bewerbung bei der Aktion der Deutschen Telekom „Wir jagen Funklöcher“ blieb trotz zahlreicher Gespräche mit dem Netzbetreiber letztendlich erfolglos. Frau Rößner sicherte Herrn Drogi ihre Unterstützung in der Angelegenheit zu „Es geht einfach nicht an, wie die Themen Digitalisierung und Netzabdeckung vernachlässigt werden“, so die Abgeordnete.

Personen im Bild Anna Neuhof (Grüne), Tabea Rößner MdB (Grüne), Jens Drogi (Ortsgemeinderat Werkhausen)

Anschließend sprachen Rößner und die Vertreter von Bündnis 90/ Die Grünen mit Mitgliedern der „Bürgerinitiative gegen B8 Ortsumgehungen“. Anna Neuhof (Sprecherin des Kreisverbands Grüne) und Ulli Gondorf (Sprecher Ortsverband Grüne Altenkirchen/ Flammersfeld) unterstützten die Ausführungen der Bürgerinitiative aus kommunalpolitischer Sicht. Frau Rößner sprach von einem nicht akzeptablen Schaden für Ökologie und Landwirtschaft, sollten die Pläne aus dem Bundesverkehrswegeplan umgesetzt werden. Sie versprach das Thema innerhalb der Regierungskoalition anzusprechen und der Bürgerinitiative im Bundesverkehrsministerium Gehör zu verschaffen. Das im Koalitionsvertrag der Regierung vereinbarte Ziel, mehr Geld in die Schiene als in die Straße zu investieren, soll nach Ansicht der Anwesenden auch im Westerwald umgesetzt werden. Konkret ist es viel sinnvoller, die Weltkriegsschäden an der Bahntrasse durch das Siegtal zu beseitigen und dort eine durchgängige Zweigleisigkeit herzustellen, als durch Ortsumgehungen noch mehr Verkehr auf die Straße zu locken.

Abschließend führte Tabea Rößner ein Gespräch mit  Anton , dem zehnjährigen Sohn der Orfgens – „für den Politikunterricht“.

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